Flotte Flosse – Morphometrie bei den Pachycormidae
Zoologische Staatssammlung München
Ein Wissenschaftlerteam unter Beteiligung von SNSB-Forscherin Anneke van Heteren hat gezeigt, dass eine Gruppe von Fischen aus dem Zeitalter der Dinosaurier, die ausgestorbenen Pachycormidae, bereits sehr effizient durch die Ozeane der Jura- und Kreidezeit „flogen“ – dank der speziellen Form ihrer Brustflossen. Die Ergebnisse der neuen Studie wurden kürzlich in der Fachzeitschrift PeerJ veröffentlicht.
Pachycormidae sind eine ausgestorbene Familie mariner Knochenfische aus der Jura- und Kreidezeit. Viele von ihnen wurden weniger als einen Meter lang und ernährten sich von Tintenfischen, einige Gattungen wie z.B. Leedsichthys lebten als riesige filtrierende Planktonfresser und hatten eine Länge von bis zu 16 Metern. Besonderes Merkmal der Pachycormidae sind ihre langen sensenförmigen Brustflossen.
Ein internationales Forscherteam aus Deutschland, Schottland, den Niederlanden, den Vereinigten Staaten und Luxemburg hat nun die wissenschaftlich bisher kaum beachteten Brustflossen dieser Fischgruppe an rund 100 Fossilien genauer untersucht und verglichen.
Jeff Liston, Leiter der Studie, beschreibt die Herausforderung: „Bisher wurden die Brustflossen der Pachycormiden einfach als sensenförmig beschrieben. Mit morphometrischen Methoden können wir nun genauere Aussagen über die Lebensweise dieser Fische treffen.“
Um die Unterschiede in der Form und Funktion der Brustflossen bei den Pachycormidae aufzudecken, haben die Forscher diese mit sogenannten „Landmarks“, biologisch bedeutsamen und wiedererkennbaren Messpunkten, versehen und diese digitalisiert. Die Messergebnisse wurden mittels einer statistischen Methode, der sogenannten geometrischen Morphometrie, ausgewertet.
Was bisher stets als „einfache sensenförmige Brustflosse“ beschrieben wurde, konnte nun drei verschiedenen „Typen“ an Brustflossen zugeordnet werden: sensen-, klingen- und sichelförmig. Den Wissenschaftlern zufolge deuten die unterschiedlichen Flossenformen auf unterschiedliche Lebensweisen bei den Pachycormidae hin. Beispielsweise hatten alle Planktonfresser wie die Gattung Leedsichthys – egal wie viele Millionen Jahre auseinander – eine Brustflossenform, die bei niedrigen Geschwindigkeiten maximalen Auftrieb auf Kosten der hohen Manövrierfähigkeit brachte. Das bedeutete, dass sie groß werden konnten, während sie ihre Position in der Wassersäule mit minimalem Aufwand beibehielten.
Wie Anneke van Heteren, Kuratorin an der SNSB-Zoologischen Staatssammlung München bemerkte: „Einer der entscheidenden Faktoren für den Gigantismus bei Planktonfressern ist die Erzeugung von genügend Auftrieb, so dass sich die Tiere durch das Wasser bewegen und effizient fressen können. Durch die Entwicklung einer klingenförmigen Brustflosse wurde Leedsichthys zum größten Fisch mit Strahlflossen, den die Wissenschaft kennt.“
Das Forscherteam erhofft sich nun, durch die weitere Analyse der Brustflossenformen auch neue Erkenntnisse zu Verwandtschaftsbeziehungen innerhalb der Familie der Pachycormidae zu erhalten.
Publikation
Liston JL, Maltese AE, Lambers PH, Delsate D, Harcourt-Smith WEH and van Hetern AH. Scythes, sickles and other blades: defining the diversity of pectoral fin morphotypes in Pachycormiformes. PeerJ. DOI 10.7717/peerj.7675
Kontakt
Dr. Anneke H. van Heteren
SNSB – Zoologische Staatssammlung München
Münchhausenstraße 21, 81247 München
Tel.: +49 89 8107 125
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