Alexander von Humboldt-Gedächtnispreis für Paläontologinnen

Bayerische Staatssammlung für Paläontologie und Geologie

SNSB-Wissenschaftlerin Gertrud Rößner von der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie und ihre Co-Autorinnen Manuela Aiglstorfer und Madelaine Böhme erhielten für ihren Artikel im Senckenberg-Magazin „Palaeobiodiversity and Palaeoenvironments“ den Alexander von Humboldt-Gedächtnispreis 2015 für besonders gelungene Veröffentlichungen.

Paläontologen müssen nicht immer weit reisen, um fündig zu werden: Am beschaulichen Ort Gratkorn in Österreich befindet sich eine der reichsten Fossilfundstellen für Wirbeltiere, die im späten Mittelmiozän – also ca. 12 Millionen Jahre vor unserer Zeit – gelebt haben. Der Alexander von Humboldt-Gedächtnispreis ehrt Manuela Aiglstorfer, Gertrud Rößner und Madelaine Böhme, die Fragmente einiger Wiederkäuer aus dieser Zeit entdeckt haben. Ihre Ergebnisse haben sie in der Senckenberg-Zeitschrift „Palaeobiodiversity and Palaeoenvironments“ veröffentlicht. Die Fundstücke wurden den Vertretern der damaligen Hirsche (Euprox furcatus), Moschustiere (Micromeryx flourensianus, ?Hispanomeryx sp.), dem Okapi-ähnlichen Palaeomeryx und dem horntragenden Tethytragus zugeordnet. Sie liefern heute einen einzigartigen Einblick in die damalige Lebenswelt. Außerdem fanden die Wissenschaftlerinnen das Hirschferkel Dorcatherium naui, bei dem man bis dato davon ausgegangen war, dass es sich erst später in Mitteleuropa verbreitet hatte. Die Funde helfen dabei, die Stammesgeschichte der Wiederkäuer ausführlich nachzuvollziehen. Vor allem aber lassen sich nun ökologische Nischen und Nahrungsquellen der damaligen Wiederkäuer rekonstruieren: Während Euprox furcatus in den unteren Stockwerken einer bewaldeten Mosaiklandschaft äste, nahm Tethytragus sp seine Nahrung in den höheren Bereichen der Vegetation auf. Dorcatherium naui und Micromeryx flourensianus dagegen gehörten zu den Früchtefressern.

Der Preis für die Publikation wurde den Wissenschaftlerinnen am 30.11.2016 im Senckenberg-Museum überreicht.

Publikation:
Manuela Aiglstorfer, Gertrud E. Rössner and Madelaine Böhme (2014), Dorcatherium naui and pecoran ruminants from the late Middle Miocene Gratkorn locality (Austria). Palaeobiodiversity and Palaeoenvironments 94(1):83-123; DOI: 10.1007/s12549-013-0141-9

Dorcatherium naui (Unterkiefer auf Block; Maßstab 2 cm; Foto: W. Gerber (Universität Tübingen))
Umrisszeichnung der Wiederkäuer von Gratkorn (von vorne nach hinten / von dunkel nach hell): Dorcatherium naui, Micromeryx flourensianus, ?Hispanomeryx sp., Euprox furcatus, Tethytragus sp., Palaeomerycidae gen. et sp. indet. (Bild: M. Aiglstorfer)

Kontakt:
PD Dr. Gertrud Rößner
Bayerische Staatssammlung für Paläontologie und Geologie (SNSB-BSPG)
Richard-Wagner-Str. 10
80333 München
Tel.: +49 89 2180 6609
E-Mail: g.roessner@lrz.uni-muenchen.de