Flauschig, aber nicht ungefährlich: Neuer Jung‐Raubsaurier aus der Frankenalb

Bayerische Staatssammlung für Paläontologie und Geologie

Die meisten von uns sind mit einem Bild von Dinosauriern aufgewachsen, das überwiegend von Filmen wie „Jurassic Park“ oder Dokumentationen wie „Walking with Dinosaurs“ geprägt ist – Dinosaurier sind große, wenn auch recht aktive Reptilien mit schuppiger Haut, deren Äußeres an heutige Eidechsen oder Krokodile erinnert. Funde von gefiederten, vogelähnlichen Raubsauriern in den letzten zehn Jahren in China haben dieses Bild bereits etwas ins Wanken gebracht, aber die großen Raubsaurier wie Tyrannosaurus, Allosaurus oder auch Megalosaurus werden immer noch als drachenähnliche Reptilmonster dargestellt.

Ein Fund aus dem oberen Jura (vor ca. 150 Millionen Jahren) von Süddeutschland dürfte dies nun ändern. Wie ein deutsch‐amerikanisches Forscherteam um den Münchener Paläontologen Dr. Oliver Rauhut von der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie und der Ludwig‐Maximilians‐Universität jetzt in der Online‐Ausgabe der Zeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) berichtet, handelt es sich bei diesem Raubsaurier, der letztes Jahr unter dem vom Radio vergebenen Namen „Xaveropterus“ bekannt wurde, um einen jungen Megalosaurier. Das Besondere an dem Fund: An dem Tier, das aus den für ihre hervorragend erhaltenen Fossilien berühmten Plattenkalken der Frankenalb stammt, konnten in verschiedenen Teilen des Körpers Reste eines dichten Federkleides nachgewiesen werden, was darauf hindeutet, dass das Tier am ganzen Körper befiedert war.

„Unter ultraviolettem Licht erkennt man Reste der Haut und des Federkleides als leuchtende Flecken und Fasern an dem Skelett“, erklärt Dr. Helmut Tischlinger, einer der Autoren der Studie, der auch die spektakulären UV‐Aufnahmen gemacht hat. Die Forscher gaben dem Tier nun den wissenschaftlichen Namen Sciurumimus albersdoerferi. Der Gattungsname leitet sich dabei von dem wissenschaftlichen Namen des Eichhörnchens ab, Sciurus, und bedeutet „der Eichhörnchen‐Nachahmer“ – aufgrund des besonders buschigen Schwanzes des Sauriers. Der Artnahme ehrt den Privatsammler, der das Stück der Wissenschaft dankenswerterweise zur Untersuchung überlassen hat.
„Alle gefiederten Raubsaurier, die wir bisher kannten, gehören zu den nahen Verwandten der Vögel“, so Rauhut: „Sciurumimus ist sehr viel basaler im Stammbaum der Raubsaurier und deutet damit darauf hin, dass alle Raubsaurier befiedert waren.“

Doch nicht nur das: Man wusste schon seit einiger Zeit, dass die nächsten Verwandten der Dinosaurier, die Flugsaurier, eine haarähnliche Körperbedeckung trugen, die den nun bei dem neuen Raubsaurier gefundenen Daunenfedern sehr ähnlich sind.

Vermutlich waren daher sogar alle Dinosaurier befiedert, und das Bild der reptilischen Riesen muss ein für allemal zu den Akten gelegt werden. Doch nicht nur aufgrund seiner Befiederung ist Sciurumimus bemerkenswert. Das Skelett, das den besterhaltenen Raubsaurier Europas repräsentiert, stammt zudem von einem sehr jungen Tier, vermutlich einem gerade erst geschlüpftem Baby. Fossilien von Jungtieren sind sehr selten und so erlaubt dieser Fund einen raren Einblick in die Kinderstube der Raubsaurier. Neben schon bekannten Aspekten, wie etwa dem auch bei Raubsauriern vorkommenden „Kindchenschema“, mit großen Augen im Vergleich zum ausgewachsenen Tier, bestätigt der neue Fund auch andere Annahmen, die die Forscher bisher nur theoretisch machen konnten. „Man hat schon längere Zeit vermutet, dass sich die Lebensweise der Raubsaurier im Laufe ihres Wachstums deutlich verändert hat“, erläutert Rauhut: „Sciurumimus zeigt nun einen sehr deutlichen Unterschied in der Bezahnung zu ausgewachsenen Megalosauriern, was ein deutlicher Hinweis darauf ist, dass er sich offenbar anders ernährt hat.“

Ausgewachsene Megalosaurier wurden mehr als sechs Meter lang und wogen nicht selten mehr als eine Tonne. Sie waren gefährliche Raubtiere, die vermutlich auch andere große Dinosaurier erlegen konnten. Das nur etwa 70 cm lange Exemplar von Sciurumimus ernährte sich dagegen vermutlich hauptsächlich von Insekten und anderen kleinen Beutetieren, worauf die schlanken, spitzen Fangzähne in der Schnauzenspitze hindeuten. Dabei bedeutet die geringe Größe dieses Jungtieres nicht unbedingt, dass ein ausgewachsener Sciurumimus ein kleiner Raubsaurier war.

„Wir wissen von anderen Funden, dass Dinosaurier ein rasantes Wachstum hinlegen konnten“, so Rauhut: „Ausgewachsen mag Sciurumimus durchaus sechs Meter oder mehr erreicht haben. Der Fund mag zeigen, dass auch große Raubsaurier flauschig befiedert waren, aber sie waren dennoch die gefährlichsten Raubtiere an der Spitze der Nahrungspyramide.“

Die Studie wurde von der Volkswagen‐Stiftung und dem American Museum of Natural History finanziert.

Publikation:
Rauhut, O. W. M., Foth, C., Tischlinger, H. & Norell, M. A. (2012). Exceptionally preserved juvenile megalosauroid theropod dinosaur with filamentous integument from the Late Jurassic of Germany. Proceedings of the National Academy of Sciences, published online; DOI: http://dx.doi.org/10.1073/pnas.1203238109

Kontakt:
Dr. Oliver Rauhut
Bayerische Staatssammlung für Paläontologie und Geologie (SNSB-BSPG)
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80333 München
Tel.: +49 (0)89 2180 6645
mobil: +49 (0)163 741 7552
E-Mail: o.rauhut@lrz.uni‐muenchen.de

Alternativ:
Dipl.‐Biol. Christian Foth
Bayerische Staatssammlung für Paläontologie und Geologie (SNSB-BSPG)
Richard‐Wagner‐Str. 10
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