Fund eines spektakulären Flugsaurier-Fossils in den Plattenkalken der oberen Jura-Zeit von Wattendorf in Oberfranken
Naturkunde-Museum Bamberg
Bereits im Herbst vergangenen Jahres wurde im Steinbruch der Firma Andreas Schorr GmbH und Co. KG im oberfränkischen Wattendorf ein spektakuläres Fossil geborgen. Es handelt sich um einen Flugsaurier, der in der späten Jura-Zeit vor rund 155 Millionen Jahren lebte. Das kostbare und einmalige Fossil wurde in den vergangenen Monaten einer aufwändigen Präparation unterzogen und gewährt nun überraschende Einblicke in die Evolution dieser flugfähigen Echsen.
Das Fossil wurde in einem Steinbruch entdeckt, in dem hochreine Dolomit und Kalkgesteine abgebaut werden. Vor einigen Jahren stieß man dort völlig unerwartet auf Schichten, die mit dem bekannten Solnhofener Plattenkalk vergleichbar sind. Im Unterschied zu diesen Plattenkalken der Südlichen Frankenalb ist das Wattendorfer Vorkommen wesentlich geringmächtiger und lokal eng begrenzt. Doch zeichnet es sich durch eine außergewöhnlich hohe Fossildichte aus. Seit dem Jahr 2004 führt ein Team des Bamberger Naturkunde-Museums unter der Leitung von Dr. Matthias Mäuser in Zusammenarbeit mit der Paläontologischen Staatssammlung München und dem GeoZentrum Nordbayern in Erlangen wissenschaftliche Grabungen in dem ca. 30 Hektar großen Betriebsgelände durch. Ermöglicht wurden diese Grabungen durch das Entgegenkommen des Firmeneigentümers.
Die Wattendorfer Plattenkalke – und damit auch die in ihm eingeschlossenen Lebewesen – sind erdgeschichtlich gesehen etwa 100.000 bis 500.000 Jahre älter als die Plattenkalke der Südlichen Frankenalb, sowie aller anderen bekannten Oberjura-Plattenkalke. Darin ist die Ursache zu sehen, dass es sich bei den Wattendorfer Fossilien fast durchweg um Arten handelt, die man bislang noch nicht kannte. Auch der nun vorliegende Flugsaurier stellt eine Einmaligkeit dar und unterscheidet sich von allen bisher bekannten Flugsauriern in zahlreichen Merkmalen.
Der Flugsaurier ist wissenschaftlich noch nicht beschrieben worden, er hat also auch noch keinen Namen. Dennoch können schon Aussagen über die systematische Stellung des Tieres getroffen werden: es handelt sich um einen Vertreter der moderneren kurzschwänzigen Flugsaurier (sie entwickelten sich während der Jura-Zeitaus den urtümlicheren langschwänzigen Flugsauriern, die ihrerseits gegen Ende der Jura-Zeit ausstarben). Auffällig ist die Bezahnung des Wattendorfer Fossils: über 400 Einzelzähnchen reihen sich in den Kiefern aneinander. Ferner sind die extrem verlängerten Mittelhandknochen auffällig – ein Kennzeichen, wie es bislangden Flugsauriern der auf den Jura folgenden Kreide-Zeit zugeschrieben wurde. Außergewöhnlich sind auch die sehr langen Unterschenkelknochen, die geradezu stelzenhaft wirken. Insgesamt besitzt der Wattendorfer Flugsaurier (im Kontrast zum höheren Alter der Wattendorfer Plattenkalke) einen überraschend modernen Körperbau.
Vorbehaltlich der anstehenden wissenschaftlichen Bearbeitung des Fossils, kristallisieren sich schon jetzt gewisse Rückschlüsse auf die Lebensweise des Tieres heraus: offensichtlich erbeutete der Wattendorfer Flugsaurier seine Nahrung nicht im Flug, sondern watete im seichten Wasser, vielleicht Gezeitentümpeln an den Küsten von Inseln, und filterte mit seinem Reusengebiss kleine Fischchen, Krebse und andere Kleinlebewesen aus dem Wasser (im Bauchraum des Fossils finden sich Fischreste). Seine langen grazilen Beine und die verlängerten Mittelhandknochen gereichtem ihm diesbezüglich insofern zum Vorteil, als er derart „hochbeinig“ ausgestattet auch noch in geringfügig tieferem Wasser auf Beutefang gehen konnte.
Das Fossil liegt in hervorragendem Erhaltungszustand vor. Die Flügel sind zusammengefaltet und über dem Rumpf verschränkt. Die Flügelspannweite lässt sich auf rund 120 cm berechnen. Unter langwelligem UV-Licht, das organische Strukturen, die mit bloßem Auge nicht zu erkennen sind sichtbar macht, lassen sich Partien der Flughäute erkennen.
Das einmalige Fossil wird derzeit in der Sonderausstellung „Frankenland am Jurastrand“ im Naturkunde-Museum Bamberg präsentiert. In der Ausstellung sind außerdem weitere spektakuläre Funde aus den Wattendorfer Plattenkalken zu sehen, wie beispielsweise Quastenflosser, Haie, verschiedene andere Fische, Schildkröten, Brückenechsen und Krokodilreste.
Für Ihre Fragen zuständig:
Dr. Matthias Mäuser, Museumsleiter
Tel. 0951 – 8631249
e-mail: matthias.maeuser@en.uni-bamberg.de
Anschrift des Museums
Naturkunde-Museum
Fleischstr. 2
96047 Bamberg
www.naturkundemuseum-bamberg.de