Biosphärenwandel

Viele Aspekte des globalen Wandels der Biosphäre werden mithilfe von Sammlungen nachgewiesen und untersucht. Botanische, zoologische und anthropologische Sammlungen spiegeln unterschiedliche Aspekte der Entwicklung der Biosphäre wider, während paläontologische und geologische Sammlungen die Veränderungen der Geo- und Biosphäre in der Erdgeschichte beleuchten.

Geodiversität

Die mineralogische Forschung der SNSB widmet sich unter anderem Phosphat-Mineralen. Phosphat ist ein für die Pflanzenernährung strategisch wichtiger Rohstoff. Das Mineral ist in der Natur nur in wenigen vereinzelten, meist biologisch entstandenen Lagerstätten vorhanden. Eine Lagerstätte in Bayern ist der sogenannte Phosphatpegmatit von Hagendorf in der Oberpfalz. Sie weist die höchste Diversität an Phosphatmineralien weltweit auf.

Geo- und Biosphärenwandel durch Impakt am Beispiel Nördlinger Ries

Das Nördlinger Ries, der Einschlagskrater eines rund einen Kilometer großen Asteroiden im nördlichen Alpenvorland, ist weltweit einzigartig. Die Erforschung des Nördlinger Ries ist von überregionaler Bedeutung: Die Erde verdankt ihre Entstehung sogenannten Impaktprozessen, in deren Folge sich aus Weltraumstaub größere Gebilde formten.

Wissenschaftler:innen der SNSB untersuchen gemeinsam mit der LMU und weiteren Kooperationspartnern unter anderem, wie sich Materie unter extremen thermomechanischen Bedingungen in „exotische“ Zustandsformen wandelte und ob heute noch vorhandene exotische Eisenverbindungen in Gesteinen genutzt werden können, um Rückwirkungen von Einschlägen auf das Erdmagnetfeld zu rekonstruieren. Zudem wollen sie die Frage beantworten, wie sich die Biosphäre nach einem derartigen Impaktereignis regeneriert und welche Lebensformen dabei eine besondere Rolle spielen.

Biodiversität und Diversitätsdynamik

Die SNSB streben eine detaillierte Arteninventur für die gesamte bayerische Flora und Fauna an. Solche Inventuren schaffen eine unverzichtbare Datengrundlage für alle Monitoring-Aktivitäten. Dabei ist das Bio-Monitoring selbst nicht Aufgabe der SNSB, sondern vielmehr die Methodenentwicklung und der Aufbau der nötigen Infrastruktur und der zugrunde gelegten Taxonomie.

Im tropischen Bereich untersuchen die SNSB schwerpunktmäßig die afrotropische Fauna, die Fauna Südostasiens und die Fauna des neotropischen Tieflandregenwalds v.a. auf der Basis der Forschungsstation Panguana.

Ein weiterer Forschungsschwerpunkt ist die molekulare Biodiversität Indo-Pazifischer Schwämme und Echinodermen, insbesondere der Tiefwasser-Crinoidea und der Dornenkronenseesterne.

Fragen der Biodiversität und Diversitätsdynamik fossiler Lebensgemeinschaften werden an den SNSB mithilfe der umfangreichen paläontologischen Sammlungen bearbeitet:
Paläontologische Forschungsthemen sind Struktur und abiotische Kontrolle von Korallen-dominierten Riffgemeinschaften aus dem Oberjura der Fränkischen Alb, Mikroorganismen und mikrobielle Interaktionen in den Fossillagerstätten Rhynie- und Windyfield-Cherts aus der Zeit des Unteren Devon, Sowie Composit-Strukturen der Biominerale und Biopolymere, aus denen Skelette, Zähne und Augen von heute lebenden und fossilen Lebewesen aufgebaut sind.

Artbildungsprozesse und Evolution

Prozesse der Artbildung bei land- und wasserlebenden Tieren werden an den SNSB derzeit besonders umfangreich vor allem bei Fischen, Amphibien und Reptilien, aber auch an einigen Insekten- und Molluskengruppen intensiv erforscht. Die SNSB beherbergen die größte Schmetterlingssammlung der Welt und die einzige große Mollusken-Forschungssammlung mit marinem Schwerpunkt in Deutschland sowie die einzige Pycnogonida-Sammlung Deutschlands. Im Rahmen etlicher Drittmittelprojekte erfolgen zudem seit Jahren integrative Analysen zur Stammes- und Evolutionsgeschichte.

Bei Pflanzen untersuchen SNSB Botaniker:innen Artbildungsprozesse und Evolution insbesondere bei den Gattungen Drosera (Droseraceae) und Utricularia (Lentibulariaceae). Bei fleischfressenden Pflanzen wird auch der Aspekt einbezogen, dass diese auf Insekten sowohl als Beute wie zur Vermehrung angewiesen sind (Bestäuber-versus-Beute-Konflikt).

Themen der Evolutionsforschung im paläontologischen Bereich an den SNSB sind z.B. die Evolution terrestrischer Wirbeltierfaunen im mittleren Mesozoikum (Jura-Unterkreide), die Bedeutung Europas als biogeographische „Drehscheibe“ terrestrischer Wirbeltierfaunen im oberen Jura und der unteren Kreide, die phylogenetische Unsicherheit und Evolutionsprozesse in raschen Radiationen, die Diversität der Mykorrhizapilze in den unter-devonischen Rhynie und Windyfield Cherts, Untersuchungen zum Ursprung und der Evolutionsgeschichte apodider Seegurken sowie Prozesse und Mechanismen der Geweihbildung.

Plattenkalkforschung

Die rund 150 Millionen Jahre alten süddeutschen Plattenkalk-Fossillagerstätten (Solnhofener Archipel; Wattendorfer und Nusplinger Plattenkalke) repräsentieren einen Zeitraum, bevor es die Alpen gab, und ehemalige Lebensräume, die auf einer gewaltigen, tropischen bis subtropischen Karbonatplattform am Nordrand des jurazeitlichen Tethys-Ozeans lagen. Übergreifendes Ziel geplanter Projekte ist es, die Faunen und Floren in den verschiedenen Plattenkalk-Wannen differenziert zu erfassen. Diese Forschungsarbeiten der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie und der SNSB Regionalmuseen in Eichstätt und Bamberg beinhalten zudem zahlreiche internationale und nationale Kooperationen.

Lebensstrategien im Wandel

Mit der naturwissenschaftlichen Untersuchung archäologischen Skelettmaterials von Mensch und Tier tragen die beiden Staatssammlungen für Anthopologie sowie Paläoanatomie München zur Aufklärung von Langzeitprozessen und Schlüsselereignissen in vor- und frühgeschichtlicher Zeit bei. Im Fokus stehen kulturelle Abbrüche und Neuanfänge.

Erforscht werden ebenso bio-kulturelle Antworten auf Herausforderungen in der Vergangenheit. Im Fokus der hier angesiedelten Projekte stehen Ursachen und Folgen einschneidender Natur- und Kulturereignisse mit Blick auf die biologischen und kulturellen Antworten seitens des Menschen.

Des weiteren untersuchen die SNSB mithilfe diachroner, kulturübergreifender Analysen von Faunenresten die vielseitige und komplexe Rolle von Tieren jenseits ihrer Funktion als Nutztiere, die die alltägliche Versorgung mit Lebensmitteln und Sekundärprodukten wie z.B. Wolle und Milch sicherten.