Neue Rote Liste der Farn- und Blütenpflanzen Bayerns erschienen

Bayerns große Artenvielfalt an Pflanzen ist ein besonderer Schatz. Wissenschaftler der Botanischen Staatssammlung München (SNSB-BSM) haben nun gemeinsam mit freiberuflichen und ehrenamtlichen Expertinnen und Experten aus allen Teilen Bayerns die Rote Liste der gefährdeten Farn- und Blütenpflanzen aktualisiert. Finanziert wurde das Projekt vom Landesamt für Umwelt (LfU). Bei manchen Arten zeigen sich erfreuliche Entwicklungen. So konnten sich mache Arten dank effektiven Artenschutzes erholen, bei anderen Pflanzenarten Bayerns gehen die Bestände deutlich zurück.

Die nun aktualisierte vierte Fassung der Roten Liste bewertet den Gefährdungsstatus von 3.265 einheimischen und 382 eingebürgerten Pflanzenarten. Als Grundlage für die objektive Einstufung wurden in dem Rahmen knapp sieben Millionen Datensätze ausgewertet. Für die regionalen Bestandsentwicklungen wurden Ortskundige einbezogen und für bestimmungskritische Artengruppen (z. B. die Habichtskräuter oder Brombeeren) Spezialisten herangezogen. Die wissenschaftliche Koordination dieser vom Landesamt für Umwelt (LfU) finanzierten Studie wurde von PD Dr. Andreas Fleischmann, Botaniker an der Botanischen Staatssammlung München der SNSB durchgeführt. Zur Erfassung der früheren Verbreitung gefährdeter Pflanzenarten wurden tausende Herbarbelege im Münchner Herbar, sowie aller anderen bayerischen Herbarien, erfasst. So konnte der Rückgang der Pflanzen innerhalb der letzten hundert Jahre, vor allem aber der drastische Rückgang innerhalb der letzten Jahrzehnte, dokumentiert werden.

Im Ergebnis wurden 1.135 Pflanzenarten – etwas mehr als ein Drittel der Farn- und Blütenpflanzen im Freistaat – als gefährdet eingestuft.

Im Vergleich mit der Vorgängerliste aus dem Jahr 2003 findet man Erfolgsbeispiele des botanischen Artenschutzes, wie die europaweit streng geschützte Sand-Silberscharte (Jurinea cyanoides) Unterfrankens. Dem ehedem besonders starken Rückgang der Art, bedingt vor allem durch Sandabbau und Bebauung, wurde durch langjährig durchgeführte Pflege und Wiederansiedlungen effektiv entgegengewirkt. Selbst wiederangesiedelte Vorkommen sind mittlerweile stabil. Die Bestände haben sich soweit vergrößert, dass die Art von der Kategorie „vom Aussterben bedroht“ in die Kategorie „stark gefährdet“ zurückgestuft werden konnte.

Zu den Pflanzenarten, die in der vorhergehenden Roten Liste als „gefährdet“ eingestuft wurden und nun in die Gefährdungskategorie „stark gefährdet“ gestellt wurden, gehört die Berg-Kronwicke, die in wärmeliebenden Säumen und lichten Trockenwäldern vorkommt und dort durch Wildverbiss und Nährstoffeinträge in eigentlich nährstoffarme Biotope weiter zurückgeht. Auch erste Auswirkungen des Klimawandels machen sich bemerkbar, z. B. bei Arten der Feuchtlebensräume.

Gegenmaßnahmen, wie Artenhilfsprogramme, werden bereits an vielen Stellen ergriffen und die bestehenden Bemühungen intensiviert.

Stabile vielfältige Lebensgemeinschaften mit zahlreichen Ökosystemdienstleistungen sind nur bei intakter pflanzlicher Artenvielfalt möglich. So ist die heimische Pflanzenvielfalt wichtig für sogenannte Ökosystem-Dienstleistungen, als dass sie Sauerstoff bereitstellen, Schadstoffe aus der Luft filtern, Temperatur- und Niederschlagsextreme abpuffern. Außerdem stellen sie Lebensraum und Nahrungsquelle für Insekten und viele andere Tiere dar. Auch die Menschen brauchen eine möglichst große Artenvielfalt, sei es um hochqualitative Nahrungsmittel zu produzieren, für die Naherholung, die Gesundheit oder die Arzneimittelentwicklung.

Publikation:
Klotz, J., Wagner, A., Fleischmann, A., Ruff, M., Niederbichler, C., Scheuerer, M., Wagner, I., Woschée, R., Gilck, F. & Zehm, A. (2024). Rote Liste Bayern: Farn- und Blütenpflanzen (Gefäßpflanzen – Trachaeophyta). Bayerisches Landesamt für Umwelt (Hrsg.), Augsburg, 192 Seiten.

Die geschützte Sumpfgladiole (Gladiolus palustris) ist stark gefährdet (Rote Liste Kategorie 2), sie kommt vor allem am Lech vor, dort haben sich ihre Bestände auf Naturschutzflächen in den letzten Jahrzehnten etwas erholt, trotzdem ist diese Pflanzenart auch weiterhin durch Lebensraumverlust und extreme Trockenjahre bedroht.
Die Wasserfalle (Aldrovanda vesiculosa), eine fleischfressende Wasserpflanze, ist in Bayern schon seit ca. 100 Jahren ausgestorben, wild kam sie nur am Bodenseeufer vor. Diese historischen Vorkommen der seltenen Pflanze sind durch Herbarbelege in der Botanischen Staatssammlung (SNSB-BSM) belegt.
Die Finger-Küchenschelle (Pulsatilla patens) ist eine vom Aussterben bedrohte Pflanzenart, die in Deutschland nur im Naturschutzgebiet Garchinger Heide bei München vorkommt, wo sie durch Artenschutzprogramme gezielt gefördert wird. Die bekanntere und häufigere, aber ebenfalls gefährdete Gewöhnliche Küchenschelle (Pulsatilla vulgaris) kommt noch auf mageren Wiesen in weiten Teilens Bayerns vor, ihre Bestände sind jedoch aufgrund von Lebensraumzerstörung stark zurückgegangen.